Was haben Sie studiert und über welche Stationen führte Ihr Weg an die Universität Leipzig?
Die Professur an der Uni Leipzig starte ich mit großer Freude. Sprachen haben mich schon immer begeistert. Daher war es für mich auch naheliegend, Linguistik zu studieren. Dies habe ich zuerst in Poznań und dann in Mainz getan. 2006 wurde ich in Mainz Juniorprofessorin für Historische Sprachwissenschaft. Der Weg führte mich dann nach Hamburg, wo ich 2009 meine erste Universitätsprofessur für die Linguistik des Deutschen antrat. 2017 wechselte ich nach Bamberg, wo ich den Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft geleitet habe.
Wo liegen Ihre Forschungsinteressen und was fasziniert Sie daran?
Das Interessante an jeder Wissenschaft ist, dass jeder tiefe Forschungsblick gewinnbringend ist. Daher habe ich in meiner bisherigen Karriere immer wieder neue Forschungsinteressen entwickelt und dabei mit vielen interessanten Forscher:innen gearbeitet. In letzter Zeit habe ich mich mit dem Aufbau historischer Spezialkorpora beschäftigt, darunter mit den Hexenverhörprotokollen, die uns viel über die sozialen Stereotypen verraten. Selbst die Großschreibung in Hexenverhörprotokollen spiegelt soziale Hierarchien wider. Gerade komme ich von einer Forschungsreise aus Argentinien zurück, wo ich im März gemeinsam mit meinen Mitarbeiter:innen in Interviews Sprachdaten deutschsprachiger und nicht-deutschsprachiger Personen gesammelt habe. Sie dokumentieren nicht nur eine große Varietätenbreite des Deutschen als Minderheitensprache in Argentinien, sondern decken auch Sprachideologien und Einstellungen auf. Wir haben ein großes Korpus an interessanten Daten, die wir nun auswerten werden. Als Erstes möchten wir uns den „Linguistic landscapes“ und dem Status der geschriebenen Sprache in den Gebieten widmen, wo das sogenannte Wolgadeutsch gesprochen wird – ein Varietätenspektrum, das im Zuge der Auswanderung aus der Wolgaregion nach Argentinien Einzug fand.
In welchen Studiengängen werden Sie unterrichten und welche Ziele verfolgen Sie dabei?
Ich werde in Bachelor- und Masterstudiengängen der Germanistik und in Lehramtsstudiengängen für Deutsch unterrichten. Wie auch in Hamburg und Bamberg möchte ich in Leipzig im Teamteaching Lehrkooperationen auch außerhalb der Germanistik entwickeln. Mein wichtigstes Ziel ist es, forschungsnahe und aktuelle Hochschullehre zu betreiben und die Lehre den Bedürfnissen der Studierenden abhängig vom Studiengang anzupassen. Ein Beispiel: Aktuell wird der Bereich der sogenannten sprachlichen Zweifelsfälle sehr intensiv beforscht. Das ist ein sehr wichtiges Thema, da es um tägliches grammatisches Zweifeln von vielen Sprachnutzer:innen geht. Ein Beispiel: „Schreibe ich dank des Gesprächs oder dank dem Gespräch?“ Ein linguistisch fundiertes Wissen in diesem Bereich benötigen nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Redakteur:innen, Lektor:innen, Sprachberater:innen und viele andere. Sprachliche Zweifelsfälle sind ein Beispiel für ein sprachwissenschaftliches Thema, das für verschiedene Studiengänge relevant ist.
Mit welchen Bereichen an den anderen Instituten der Fakultät oder an anderen Fakultäten sehen Sie inhaltliche Schnittmengen oder Potential für eine Zusammenarbeit?
Interdisziplinarität kennt keine Grenzen. Bisher habe ich unter anderem mit Didaktik, Psychologie, Soziologie, Geschichtswissenschaften und Informatik zusammengearbeitet. Ich freue mich auf neue Formen und neue Themen der Zusammenarbeit.
Haben Sie noch andere Hobbys außer Sprachen?
Ich lese sehr gerne und es gefällt mir, Neues zu entdecken. Leider habe ich kein literaturwissenschaftliches Gedächtnis. Ohne zu wissen, was mich erwartet, habe ich vor kurzem Doderers „Strudelhofstiege“ begonnen. Aber ich lese die Bücher immer zu Ende. Das ist mir sogar bei Handkes „Obstdiebin“ gelungen! Und ich liebe Ballett, ganz besonders von John Neumeier, und Oper. Die letzte Oper, „La Bohème“ von Puccini im Teatro Colón in Buenos Aires, war eine echte Belohnung für die intensive Feldforschung.