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Das Institut für Amerikanistik trauert um Prof. Eberhard Brüning, der am 12. Dezember 2023 im Alter von 98 Jahren verstorben ist. Eberhard Brüning war einer der Mitbegründer der Amerikastudien in der DDR und hat das Fach als Lehrstuhlinhaber von 1969 bis 1990 unter schwierigen Bedingungen geprägt und entwickelt. Als Spezialist für das amerikanische Theater sowie die proletarische und progressive Literatur der USA in den 1930er Jahren war er ein international bekannter und geschätzter Wissenschaftler und bemühte sich während seiner langjährigen Tätigkeit in Leipzig mit großem Engagement um akademische Austauschbeziehungen mit US-amerikanischen Universitäten.

Eberhard Brüning (geb. 04.06.1925 in Chemnitz) begann seine Tätigkeit an der damaligen Karl-Marx-Universität 1952 Leipzig als Wissenschaftlicher Assistent und Lehrbeauftragter am Germanistischen Institut, Abt. für Englische Sprache und Literatur der Philosophischen Fakultät. Nach seiner Promotion zum Dr. phil. im Oktober 1954 war er zunächst Lektor für englische Sprache und dann Dozent für Amerikanistik, bevor er 1961 zum Hochschuldozenten für Englische u. Amerikanische Sprache u. Literatur und 1963 zum Professor mit Lehrauftrag für englische u. amerikanische Sprache u. Literatur berufen wurde. Der Ruf auf den Lehrstuhl für Amerikanistik folgte im Jahr 1969. Ab 1971 war er Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und ab 1972 Mitherausgeber der Zeitschrift für Anglistik und Amerikanistik. Von 1965-1969 war er Dekan der Philologischen Fakultät.

Bis zu seinem pensionsbedingten Ausscheiden im Jahr 1990 leitete Eberhard Brüning die Leipziger Amerikanistik und hatte in dieser Zeit einen entscheidenden Anteil an der Verbreitung und wissenschaftlichen Untersuchung US-amerikanischer Literatur in der DDR. Seine Forschung zur proletarischen und progressiven Literatur der 1930er Jahre betrat Neuland zu einer Zeit, da diese Literatur weder in den USA noch in Westdeutschland Beachtung fand. Auf die 1957 veröffentlichte Promotionsschrift zu Albert Maltz – einem Autor der Hollywood Ten, der in den 1940er Jahren vor den Untersuchungsausschuss für Unamerikanische Umtriebe  (HUAC) zitiert wurde und anschließend ins Gefängnis musste – folgten Übersetzungen von Maltz‘ Romanen sowie kritische Aufsätze und Herausgaben zum Protestdrama der 1930er Jahre. Brünings umfangreiche Publikationstätigkeit umfasste zahlreiche Buchpublikationen, darunter Bände zum amerikanischen Drama, Überblickswerke und Handbücher zur nordamerikanischen Literatur sowie viele  Editionen amerikanischer Dramenliteratur, insbesondere von Stücken Edward Albees, Lorraine Hansberrys und Arthur Millers sowie kritische Beiträge zu Eugene O’Neill, Ernest Hemingway, Sinclair Lewis, Mildred Harnack-Fish und vielen  weiteren Autoren in wissenschaftlichen Zeitschriften, Lexika und Sammelwerken. Er trug darüber hinaus in erheblichem Maß zur Erschließung amerikanischer Literatur für ein nichtakademisches Publikum bei, indem er zu zahlreichen Übersetzungen von Romanen und Kurzgeschichtenbänden Einführungen und Nachworte schrieb.

Als Amerikanist, der in der DDR ein von politischen Amtsträgern häufig mit Misstrauen betrachtetes Fach vertrat, verfolgte Eberhard Brüning umsichtig sein zentrales Ziel, die Eigenständigkeit und akademische Integrität seines Fachs auch unter komplizierten Rahmenbedingungen zu stärken und die Isolation der DDR-Amerikanistik zu durchbrechen. Neben zahlreichen Verbindungen ins europäische Ausland gelang es ihm bereits früh, Kontakte zur Kent State University in Ohio aufzubauen, welche zu einer offiziellen Austauschvereinbarung führten. So wurde es möglich, dass amerikanische Wissenschaftler für mehrmonatige Forschungsaufenthalte nach Leipzig kamen. Auf seine Initiative entstand am 15. März 1990 der Amerikanistenverband der DDR, den er bis zur Wiedervereinigung wenige Monate später leitete.

Als Promotionsbetreuer war Eberhard Brüning ein unterstützender und kritischer Berater, der genuines Interesse am Fortgang der wissenschaftlichen Arbeiten der von ihm betreuten Nachwuchswissenschaftler zeigte. Seine wissenschaftliche Neugier und sein Drang nach neuen Erkenntnissen blieben bis zu seiner Pensionierung und darüber hinaus ein wesentlicher Charakterzug. Auch nach 1990 blieb Eberhard Brüning wissenschaftlich aktiv und setzte seine Publikationstätigkeit mit Arbeiten zu transatlantischen kulturellen Beziehungen und zum Deutschlandbild amerikanischer Reisender im 19. Jahrhundert fort.

Wir werden Eberhard Brüning in ehrender Erinnerung behalten.