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Klaus Grübl ist seit dem 1. April 2021 Professor für Romanische Sprachwissenschaft mit den Schwerpunkten Französistik und Italianistik an der Philologischen Fakultät, Institut für Romanistik.

Was haben Sie studiert, und über welche Stationen führte Ihr Weg an die Universität Leipzig?

Ich habe in München Germanistik, Romanistik und Erziehungswissenschaften studiert. 2005 legte ich die Erste Staatsprüfung für das gymnasiale Lehramt ab, 2006 die Magisterprüfung. 2012 wurde ich von Wulf Oesterreicher mit einer Arbeit zu überregionalen Standarisierungstendenzen in der französischen Urkundensprache des 13.–15. Jahrhunderts promoviert. Während meines Lehramtsstudiums verbrachte ich neun Monate als Fremdsprachenassistent in Straßburg (daher ein enger Bezug zum Elsass). Als Promotionsstudent forschte ich ein halbes Jahr lang in Beauvais und an der französischen Archivarshochschule, der École nationale des chartes, in Paris. Von 2009 bis 2012 war ich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg beschäftigt, seither, wie schon als Doktorand von 2006 bis 2009, an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

 

Wo liegen Ihre Forschungsinteressen, und was fasziniert Sie daran?

Einen wichtigen Teil meiner Arbeit macht die historische Sprachwissenschaft aus. Ich verbinde dabei klassische Fragestellungen der historischen Dialektologie, Phonologie und Morphosyntax mit neueren, philologisch basierten Ansätzen der historischen Pragmatik und Varietätenlinguistik. Ein Sammelband, den ich derzeit gemeinsam mit einem spanischen und einem italienischen Kollegen vorbereite, ist den morphologischen und syntaktischen Veränderungen gewidmet, die die ro­ma­­nischen Spra­­­­­chen im Pro­zess ihrer Verschriftlichung seit dem Mittelalter geprägt und typologisch zum Teil beträchtlich von ihrer dialektalen Basis entfernt haben. Dieser ausbauinduzierte Sprachwandel wurde in der bisherigen Forschung oft nicht klar genug vom spontansprachlichen Wandel unterschieden; er folgt aber teils eigenen Prinzipien, die es herauszuarbeiten und empirisch zu fundieren gilt. Theoretisch bin ich stark geprägt durch die Mündlichkeits- und Schriftlichkeitsforschung. Die Einsicht, dass die Form sprachlicher Äußerungen mit bestimmten Faktoren der Kommunikationssituation und darauf abgestimmten, pragmatisch funktionalisierten Traditionen des Sprechens oder Schreibens variiert, scheint mir für die Erklärung des sprachlichen Wandels ebenso fundamental zu sein wie für die Beschreibung sprachlicher Variation zu einem gegebenen Entwicklungszeitpunkt. – Seit einigen Jahren interessiere ich mich auch zunehmend für grammatische Strukturen der heutigen romanischen Sprachen, wobei ich die historische Perspektive immer mitzudenken versuche. Besonders fasziniert mich das Phänomen der adverbialen Polyfunktionalität – wie in den englischen Beispielen Rudely, Claire greeted the queen vs. Claire greeted the queen rudely. Aktuell befasse ich mich mit der gegenwartssprachlichen und diachronen Beschreibung romanischer Bereichsadverbien – also etwa fr. physiquement ‘körperlich’ oder it. economicamente ‘wirtschaftlich’ – an der Schnittstelle von Syntax, Semantik und Informationsstruktur.

 

In welchen Studiengängen werden Sie unterrichten, und welche Ziele verfolgen Sie dabei?

Ich werde in allen romanistischen Studiengängen unterrichten: Lehramt, Bachelor, Master, Promotion. Eines meiner Ziele ist es, die historische Sprachwissenschaft in der Lehre stärken. Daneben soll es, wie in den Modulplänen vorgesehen, ein möglichst vielfältiges Angebot von Veranstaltungen zur Grammatik und Variation des modernen Französischen und Italienischen geben, wobei hier in der Regel auch sprachvergleichend gearbeitet wird. Grundsätzlich ist es mir wichtig, die Studierenden von Beginn an mit aktuellen Forschungsfragen vertraut zu machen und neben theoretischen auch empirische, etwa korpuslinguistische Anteile in die Lehre einfließen zu lassen. In Seminaren und Übungen sollten die Studierenden im Idealfall selbst forschend tätig werden. So kann im Unterricht auf Augenhöhe diskutiert werden, und so lässt sich die Begeisterung für die Sprachwissenschaft am besten vermitteln.

 

Mit welchen Bereichen an den anderen Instituten der Fakultät oder an anderen Fakultäten sehen Sie inhaltliche Schnittmengen oder Potential für eine Zusammenarbeit?

Unter sprachhistorischem und varietätenlinguistischem Aspekt hoffe ich auf enge Zusammen­arbeit mit allen philologischen Fächern. Als mögliche Anknüpfungspunkte sehe ich etwa die vergleichende Standardisierungs­geschichte europäischer Kultursprachen, die Regionalsprachenforschung oder auch die Variation in der digitalen Schriftlichkeit. Außerdem freue ich mich auf mediävistischen Austausch innerhalb und außerhalb der Fakultät, zum Beispiel mit Literatur- oder Geschichtswissenschaftlern. Kooperationen wünsche ich mir natürlich auch im Bereich der linguistischen Kerndisziplinen. Impulse für meine Forschung zur Syntax romanischer Adverbien erhoffe ich mir von der Allgemeinen Linguistik; von deren grammatiktheoretischer Expertise kann ein von Hause aus eher deskriptiv arbeitender Romanist doch einiges lernen.

 

Weißwurst oder Flammkuchen?

Flammkuchen.

 

Hund oder Katze?

Katze, ganz eindeutig.

 

Und sonst so?

Ich freue mich sehr, nun in Leipzig sein, und bin gespannt auf mein erstes Semester!