Den überwiegend spanischen Frauennamen Candela /Candéla/ einfach mit Kerze zu „übersetzen“ ist durchaus problematisch: Zum einen ist diese Übersetzung nicht ganz korrekt, zum anderen stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Übersetzbarkeit von Namen oder haben Namen eine Bedeutung? Dann müsste man auch Hinkefuß (Claudia) usw. sagen dürfen…
Spanisch (diese Bezeichnung ist ungenau) candela bedeutet als Gattungswort in der Tat "Kerze" (lat. candela > frz. chandelle (engl. candle), it. candela, port. candeia), wozu auch die entsprechende Berufsbezeichnung *candelarius "Kerzendreher, Kerzenzieher, Kerzenverkäufer" (candelero, chandelier, candelaio, candeeiro [mit weiteren Bedeutungen]) gehört. Alle eignen sich natürlich als Bei- oder Spitznamen und sind entsprechend als Familiennamen belegt. Doch warum sollte man eine Person (Frau) mit einem Rufnamen *Kerze nennen?
Auch der Hinweis, Candela sei in Spanien eine Art Modenamen, hilft hier kaum weiter. Ein weiteres Ausholen verbietet sich an dieser Stelle. In aller Kürze: Der spanische Frauenname Candela ist einer der zahllosen marianischen Namen und „bedeutet“ nichts anderes als Mariä Lichtmess. Er steht im Zusammenhang mit dem Fest festum purificationis Beatae Mariae oder festum candelarum / festum Sanctae Mariae Candelarum, auch Mariä Reinigung und insbesondere Fest der Darstellung des Herrn. Zur Entstehung, Traditionen und bildlichen Darstellungen finden sich leicht Informationen (Wikipedia usw.). Das Fest wird am 2. Februar, 40 Tage nach Christi Geburt gefeiert und setzt jüdische Traditionen fort; charakteristisch sind Kerzenweihe und Lichterprozession.
Aus diesem Zusammenhang sind, insbesondere im „spanischen“ Kontext, die beiden marianischen Frauennamen [María de la] Purificación und [María] Candelaria zu erklären. Vor allem Candelaria hat sehr große Popularität erfahren. Der bedeutendste Wallfahrtsort ist die Basílica de Nuestra Señora de la Candelaria (Tenerife). Hier wird die Virgen de la Candelaria verehrt, die 100 Jahre vor Ankunft der Spanier auf den Kanarischen Inseln von zwei Guanchen [Ureinwohner] am Strand gefunden worden sein soll; die heutige Figur stammt aus dem Jahr 1830 und ist eine Kopie des Originals, das 1826 von einer Sturmflut weggerissen worden war.
Der Frauenname María de la Candelaria, oder kurz Candelaria, hat sehr weite Verbreitung gefunden (so etwa in Candelora, mit der männlichen Entsprechung Candeloro, in Süditalien). Dabei ist heute ein deutlicher Rückgang festzustellen. Dabei spielt die gekürzte oder Koseform Candela eine wichtige Rolle, da der „christliche“ Bezug nicht unmittelbar zu erkennen ist. Das lässt sich an aktuellen Zahlen für Spanien ‒ hier ist, im Gegensatz zu Deutschland ‒ der direkte Zugriff möglich (https://www.ine.es/tnombres/formGeneralresult.do?vista=3) schön dokumentieren. Ohne auf die (interessante) geographische Verteilung einzugehen, lässt sich festhalten: Der Name Candelaria wurde (Stand 2023) von 7.707 Frauen getragen, das Durchschnittsalter betrug 64,3 Jahre; es handelt sich offensichtlich um einen nicht mehr „modischen“ Namen. Der Name Candela hingegen wird (ebenfalls 2003) von 26.045 Frauen getragen, das Durchschnittsalter beträgt 12,1 Jahre; hier haben wir es deutlich mit einem (weitgehend nicht mehr konnotierten, auch nicht als "Kerze" empfundenen) Modenamen zu tun.
Noch sehr viel deutlicher wird dieser Wandel bei einem Blick auf die geographische Verteilung: War Candelaria 2023 noch für 2.683 Frauen auf Santa Cruz de Tenerife ein sehr beliebter Name (Madrid: 297), so wird Candela heute hier nur noch von 119 Frauen getragen; der Schwerpunkt liegt in den großen Städten, darunter 4.974mal Candela in Madrid).
Ein kleines Kuriosum beiseite: a Candelita ist der Spitz- oder Kosename der Frau von Fiel Candelas (Algarve), hat also mit unserem Namen Candela nichts zu tun.
p.s.
Unter den zahlreichen, nicht immer „seriösen“, Vornamenbüchern sind u.a. zu empfehlen: Wilfried Seibicke, Historisches deutsches Vornamenbuch, 5 Bde., Berlin/New York 1996/2007, Roberto Faure, Diccionario de nombres propios. Mas de 13.000 nombres propios de todo el mundo, Madrid: Espasa Calpe,22007. Das wichtigste Vornamenbuch überhaupt ist Alda Rossebastiano / Elena Papa, I nomi di persona in Italia. Dizionario storico ed etimologico, 2 vol., Torino 2005.
Leipzig, 2. Februar (Mariä Lichtmess/Candela[ria]) 2025