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Dobroho večora…

Zum zweiten Mal in diesem Jahr kamen im Institut für Slavistik vom 27. bis zum 29. August 16 Studierende verschiedener Fachrichtungen zu einem Workshop zusammen, darunter acht Studentinnen der Nationalen Iwan-Franko-Universität Lviv (LNU) und acht Studierende verschiedener deutscher Hochschulen, unter anderem auch von unserer Universität. Anders als beim Auftakt-Workshop im März gestalteten die Studierenden die Veranstaltung weitestgehend selbst und präsentierten in Form von Kolloquien die von ihnen gemeinsam in deutsch-ukrainischen Tandems ins Deutsche übersetzten Texte der ukrainischen Gegenwartsliteratur, die seit dem Donbass-Krieg und vor allem seit der russischen Invasion entstanden sind. Dabei diskutierten die studentischen Übersetzer gemeinsam vor allem Fragen nach der Verständlichkeit der ukrainischen Texte für ein deutschsprachiges Lesepublikum. Die Texte enthalten naturgemäß eine Fülle an Vokabular aus dem militärischen Bereich, das Lesern im deutschsprachigen Raum nicht mehr geläufig ist, sowie Anspielungen auf Ereignisse der jüngeren ukrainischen Vergangenheit, die in der Ukraine weithin verstanden werden, einem Durchschnittleser in Deutschland jedoch erklärt werden müssen. Die Vielfalt der übersetzten Textsorten stellte dabei eine zusätzliche Herausforderung dar. Neben Tage- und Kinderbüchern gehören auch Gedichte und Dramen zu dem mehr als 20 Einzeltexte umfassenden Korpus, das in seiner Gesamtheit ein oft erschütterndes Bild einer Gesellschaft in Kriegszeiten zeichnet.

Die Übersetzungen, die im Rahmen des von Oksana Molderf (LNU) und Dr. Christian-Daniel Strauch (UL) geleiteten und vom Deutschen Akademischen Austauschdienstes geförderten Projekts “Wiedergeburt in Waffen: Ukrainische Literatur seit dem Beginn der Invasion in deutsch-ukrainischen Tandemübersetzungen” entstanden sind, sollen noch in diesem Jahr in einer Anthologie erscheinen und voraussichtlich im Dezember öffentlich präsentiert werden.

Ergänzt wurden die Kolloquien durch Impulsvorträge deutscher und ukrainischer Expertinnen und Experten, darunter Dr. habil Barbara Christophe (Leibniz-Institut für Bildungsmedien Braunschweig) mit einem Beitrag zu russischen und ukrainischen Memes zum Ukraine-Krieg, Dr. Oleksandr Chertenko (JLU Gießen) mit einem Seminar zu Vladimir Rafejenkos Roman “Die Länge der Tage” und Prof. Dr. Olena Haleta (LNU) mit einem Vortrag zur ukrainischen Lyrik in Kriegszeiten. Am letzten Tag des Workshops stand auch die Schriftstellerin und derzeitige wissenschaftliche Mitarbeiterin an unserem Institut, Natalka Sniadanko, für ein ausführliches Gespräch zu ihrer Arbeit und der Rolle von Literatur als Erinnerungsmedium zur Verfügung.

Zum Abschluss der drei während großer Sommerhitze zugebrachten Workshop-Tage ging es zur Abkühlung aufs Wasser zu einer Bootstour auf Elster und Karl-Heine-Kanal.