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Mit einem Abend voller Witz, Musik und überraschender Einsichten eröffneten Herbert Grönemeyer und Michael Lentz die Leipziger Tagung „Vom Rhythmus der Stimmen. Lied und Gedicht in Romantik und Gegenwart“ (organisiert von Klaus Birnstiel, Michael Lentz und Erik Schilling) sowie den Leipziger Literarischen Herbst.

Auf die einleitende Frage, ob der Text oder die Musik zuerst komme, antwortete Grönemeyer trocken: „Der Text ist nur Material zum Singen.“ Und er meinte das durchaus ernst. Wie er erklärte, entstehen seine Lieder am Klavier – durch Improvisation, durch Klänge, Laute, Silben, die zunächst keinen Sinn ergeben. Stundenlang spiele er dieselben Akkorde, „mit einem Bananentext“, bis sich daraus langsam ein Lied forme. Erst wenn die Musik stehe, komme der eigentliche Text hinzu.

Lentz, selbst Schriftsteller, griff diesen Punkt humorvoll auf: „Du vertextest Musik, du vertonst keine Texte.“ Um das Prinzip zu demonstrieren, ließ er Grönemeyer englische Bananentexte vorsingen – und übersetzte sie anschließend wörtlich ins Deutsche. Der Saal lachte, aber gleichzeitig wurde deutlich, wie stark Rhythmus und Klang einer Stimme unabhängig vom Sinn wirken können.

Gemeinsam zeigten die beiden, wie Grönemeyer Einflüsse aus Reggae, Ska, Mambo, Oper, Country oder Hip-Hop aufnimmt – stets mit einem Gespür für das Zeitgeschehen. So sei das Stück Die Härte als Reaktion auf den Rechtsradikalismus der frühen 1990er Jahre entstanden: „Ska als Widerstand, musikalische Härte gegen gesellschaftliche Härte.“ Ein wiederkehrendes Thema des Abends war die Melancholie – jene ‚süße Traurigkeit‘, die Grönemeyers Musik durchzieht und die Lentz als Brückenschlag zur Romantik beschrieb.

Am Ende, nach zwei Stunden kluger Gespräche, spontaner Gesangseinlagen und herzlichem Gelächter, stimmte Grönemeyer ein letztes Lied an: Immerfort. Ein improvisiertes Finale, das perfekt passte – melancholisch und lebendig.