Ein Gespräch mit zwei Literaturübersetzerinnen

Im Rahmen des Dies Academicus, des Gründungsjubiläums der Universität Leipzig,
veranstaltete das Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie (IALT)
gemeinsam mit dem Fachschaftsrat ALuTi am 02.12.2024 eine Podiumsdiskussion mit
dem Titel: „Willkommen in der Wirklichkeit – Literaturübersetzerinnen erzählen aus
ihrem Alltag“. Zu Gast waren die Literaturübersetzerinnen Lisa Kögeböhn und Marie-
Theres Cermann, beide mit langjähriger Berufserfahrung in der Branche des
Literaturübersetzens. Die Moderation übernahmen Lara Blum und Tabea Schmengler,
zwei Studentinnen am IALT.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Von links nach rechts: Lisa Kögeböhn und Marie-Theres Cermann
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Von links nach rechts: Lisa Kögeböhn, Marie-Theres Cermann, Tabea Schmengler, Lara Blum

Lisa Kögeböhn übersetzt englischsprachige Bücher ins Deutsche, darunter Werke von Jenny Mustard, Coco Mellors und Elliot Page. Marie-Theres Cermann hingegen übersetzt Literatur aus dem Französischen, Portugiesischen und Slowakischen ins Deutsche. Die beiden Übersetzerinnen berichteten über ihre persönlichen Werdegänge, die Akquise von Aufträgen sowie die Arbeitsbedingungen im Übersetzungsberuf.


Die Veranstaltung lockte zahlreiche Studierende an, vom B. A. Translation bis zum M. A. Konferenzdolmetschen. Besonders groß war demnach das Interesse an den Einblicken in diese spezifische Form der Übersetzungsarbeit.


Lisa Kögeböhn hat Literaturübersetzen in Düsseldorf und Straßburg studiert, während Marie-Theres Cermann als Diplom-Übersetzerin eine Absolventin unseres Instituts ist. Im Gespräch zeigte sich schnell, dass beide nach ihrer Ausbildung über viel Eigeninitiative und gezielte Kontakte in das Berufsleben eingestiegen sind. Frau Cermann schilderte, wie sie damals auf der Leipziger Buchmesse aktiv Verlage angesprochen hatte, während Frau Kögeböhn ihren ersten Auftrag über einen Branchenkontakt erhielt.


Übersetzungen aus dem Englischen machen den größten Anteil des deutschen Übersetzungsmarktes aus. Für diese Projekte werden Übersetzerinnen in den meisten Fällen direkt von den Verlagen beauftragt, die die Lizenz gekauft haben. Bei kleineren
Sprachen wie Slowakisch, so Frau Cermann, erfordert es deutlich mehr Eigeninitiative. Hier schlagen die Übersetzerinnen den Verlagen oft selbst Bücher vor, die sie übersetzen möchten – häufig begleitet von einer Übersetzungsprobe.


Des Weiteren berichten sie, dass auch wenn man einmal „den Fuß in der Tür“ hat, Netzwerken weiterhin essenziell ist. Über Berufsverbände wie den VdÜ (Verband deutschsprachiger Übersetzer/innen literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V.), regionale oder überregionale Stammtische, Literaturhäuser und andere Plattformen tauschen sich Literaturübersetzer: innen aus. Dabei geht es nicht nur um Kontakte, sondern auch um Informationen zu potenziellen Auftraggebern und Erfahrungsberichte aus der Branche.


Gerade weil der Übersetzerberuf nicht geschützt ist und viele Übersetzer:innen freiberuflich arbeiten, spielt der kollegiale Austausch eine zentrale Rolle. Themen wie Urheberrecht, Vertragsbedingungen, Vergütungsregelungen und die Sichtbarkeit des Berufs sind wichtig, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.


Beide Übersetzerinnen betonten, dass die Arbeit oft anspruchsvoll ist: Der Beruf macht „nicht reich“ (durchschnittlich 18€ pro Normseite laut Honorarumfrage des VdÜ), ist häufig von Zeitdruck geprägt, insbesondere bei englischsprachigen Ausgangstexten, und erfordert oft einen Nebenverdienst. Manchmal ist es sogar nur durch ein Übersetzungsstipendium möglich, Projekte finanziell umzusetzen. Bei solchen Stipendien wird die Übersetzungsarbeit durch Fördergelder unterstützt, die ergänzend zur Vergütung des Auftraggebers gezahlt werden.

Nichtsdestotrotz sprechen Frau Kögeböhn und Frau Cermann liebevoll von ihrem Beruf. Übersetzen ist nun mal in der heutigen Zeit die Kunst von Idealisten. Neben dem unterstützenden und abwechslungsreichen Austausch mit den Autor: innen, erschafft man selbst auch mit der Übersetzung ein ganz eigenes literarisches Werk. Aus diesem Grund ist neben den fremdsprachlichen Fähigkeiten auch ein zielsprachliches Geschick und viel Kreativität gefordert.

Redaktion: Tabea Schmengler